
Senfgas
Weitere Namen
Lost, Schwefellost, Bis(2-chlorethyl)sulfid, S-Lost, HD, Gelbkreuzgas, Yperit, Schwefelyperit
Struktur / Aufbau
Merkmale
- farb- und geruchlose Flüssigkeit
- Molare Masse: 159.07 g/mol
- Schmelzpunkt: 13-14°C
- Siedepunkt: 216.8°C
- Löslichkeit: 0.48 g/L in Wasser (20°C)
- Dichte: 1.27 g/cm3 (20°C)
- Spezielles: starkes Hautgift, krebserregend
Herstellung
Durch die Umsetzung von Natriumhydrogensulfid mit Ethylenoxid wird als Zwischenprodukt ein Dihydroxythioether erhalten. Dieser wird dann mit Thionylchlorid (SOCl2) in einem weiteren Reaktionsschritt zu Senfgas chloriert.
Was ist Senfgas?
Senfgas ist ein chemisches Kampfmittel, das vor allem im Ersten Weltkrieg zu den gefürchtetsten Waffen gehörte und tausende Menschen verwundete oder tötete. Der hochgiftige Stoff soll sich tonnenweise in Arsenalen der libyschen Streitkräfte befinden. Aber was verbirgt sich hinter dem Gemisch?
Senfgas ist eine chemische Verbindung, die zu den organischen Schwefelverbindungen gehört. Die chemische Formel dafür lautet: (C2H4Cl)2S. Senfgas kommt nicht natürlich in der Umwelt vor, sondern muss chemisch hergestellt werden. Es kann dann als Gas einer Flüssigkeit in Schwaden, als ölige Flüssigkeit oder auch in fester Form auftreten. Es ist in flüssiger und fester Form klar bis gelb oder braun. Auch das Geruchsspektrum von Senfgas reicht von Knoblauch über Zwiebeln und Senf bis hin zu Gummi. In hochgereinigter Form ist Dichlordiethylsulfid allerdings geruchlos. Im gasförmigen Zustand ist Senfgas schwerer als Luft und sammelt sich dementsprechend am Boden. Es kann gut durch Kleider, Schuhe und andere Materialien dringen.
Erstmals gelang dem belgischen Chemiker César-Mansuète Despretz die Herstellung von Senfgas im Jahr 1822 zufällig. Er brachte Ethen und Schwefeldichlorid zusammen und beobachtete dabei die Entstehung einer übelriechenden Flüssigkeit. 32 Jahre später konnte der Franzose Alfred Riche aus Chlor und Diethylsulfid Senfgas entstehen lassen. Erst 1886 wurde die Chemikalie von dem Deutschen Viktor Meyer vollständig beschrieben. Destilliertes Senfgas wurde vor 1890 als Beiprodukt in der Farbenindustrie und als Pestizid in Lagerhäusern eingesetzt. Außerdem wurde es in der Medizin zur Behandlung von Hauterkrankungen wie der Schuppenflechte lange Zeit eingesetzt.
Senfgas als Kampfmittel
Das übelriechende Senfgas wurde hauptsächlich im Ersten Weltkrieg als chemische Waffe eingesetzt. Den Vorschlag dafür lieferten die deutschen Chemiker Wilhelm Lommel und Wilhelm Steinkopf 1916. Aus den ersten Silben der Namen der beiden Männer soll auch der Name Lost entstanden sein. Erstmals setzten die deutschen Truppen das Gift in der Nacht vom 12. Zum 13. Juli 1917 bei Ypern ein. Die Deutschen bombardierten die englischen Truppen mit senfgasgefüllten Artilleriegranaten. Kurze Zeit darauf setzten auch die Briten, die Franzosen und die Vereinigten Staaten Senfgas als chemisches Kampfmittel ein. Auch nach dem Ersten Weltkrieg setzten verschiedene Nationen Senfgas als Kriegsmittel ein. Der letzte Einsatz war 1988 durch den Irak gegen die Kurden in Halabdscha. 5000 Menschen starben damals. Die militärischen Bezeichnungen für Senfgas sind H, HD oder HDT.
Senfgas wirkt verzögert als blasenziehendes Gift. Die Auswirkungen auf die Gesundheit hängen von dem Aggregatzustand und der Menge des Giftes ab. Senfgas kann nur langsam vom Körper abgebaut werden. Es kann als starkes Reizmittel die Haut, die Augen, die Atemwege, die Verdauungsorgane und die Schleimhäute schädigen. Auch die DNA der betroffenen Körperstellen kann durch Senfgas zerstört werden. Der Hautkontakt mit flüssigem Senfgas führt zu mit Flüssigkeit gefüllten Blasen und schließlich zu Verätzungen zweiten und dritten Grades mit späterer Narbenbildung. Sind zu große Stellen des Körpers verätzt, kann das zum Tode führen, genauso wie das extensive Einatmen von Giftgasschwaden. Zudem kann der übermäßige Kontakt der Augen mit Senfgas zum Erblinden führen.
Schutz gegen Senfgas
Wegen der hohen Hautgängigkeit und des verzögerten Wirkungseintritts kommt dem Schutz der Körperoberfläche besondere Bedeutung zu. Die Aufnahme durch die Haut erfolgt leicht und ohne auffällige Anzeichen wie Nässe- oder Kältegefühl. Das Opfer bemerkt in der Regel die Vergiftung nicht.
Schwefellost kann, sowohl flüssig als auch in der Gasphase, handelsübliche Textilien relativ schnell durchdringen; diese Fähigkeit, verbunden mit der langen Latenzzeit vor Wirkungseintritt, erhöhen stark die von Schwefellost ausgehende Gefährdung. Die bei den meisten Streitkräften eingeführten gängigen Schutzmittel – Maske, Schutzhandschuhe, Überschuhe und Schutzanzug – bieten jedoch über einen Zeitraum von derzeit mindestens sechs Stunden sicheren Schutz vor der Einwirkung. Künftig ist z. B. für die Deutsche Bundeswehr ein sicherer Schutz über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden gefordert.
Für die Dekontamination können unter anderem Oxidationsmittel (z. B. Chlorkalk oder Calciumhypochlorit), alkalische Lösungen und nichtwässrige Medien, z. B. Aminoalkoholate, verwendet werden, da Lost zum einen empfindlich gegenüber Oxidationsmitteln ist und zum anderen die Hydrolyse einmal gelösten Losts sehr schnell verläuft.
Quellen: www.n-tv.de/wissen; www.wikipedia.com
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